Anders gesehen, haben fünf von sechs Sparern mit Aktien oder Aktienfonds nix am Hut, während das Nullzins-Gewurstel der EZB weitergeht – zumindest bis Ende des Jahres. Und vielleicht auch 2020 oder viel (viel) länger. So genau wissen es die tausenden Leute im hohen Turm zu Frankfurt auch nicht.

Die neuen Aktionärszahlen sind kein Beweis für eine gewachsene Aktienkultur hierzulande, sondern Folge der permanenten Zinslosigkeit auf das Ersparte. Dem Plus von 617.000 neuen Anlegern in Aktienfonds steht ein Minus von 373.000 in der Aktien-Direktanlage gegenüber. Und erinnern wir uns, 2018 war ein mieses Aktienjahr. Normalerweise kommen die Spekulanten, wenn die Kurse steigen und steigen. Nicht so 2018, obwohl es gefühlt sicherlich nur aufwärts ging.

Wer sind die derzeitigen Aktionäre? Sie haben ein relativ hohes Bildungsniveau und, oh Wunder, ein überdurchschnittliches Haushaltseinkommen, sind zwischen 40 und 60 Jahre alt und leben hauptsächlich im Südwesten des Landes.

Noch ein paar Zahlen?

Die Quote der Aktienbesitzer stieg im Westen dieses Landes, in dem wir so gut und gerne leben, auf 17,1 Prozent und im Osten, inmitten der blühenden Landschaften auf 12,3 Prozent. Fast jeder Dritte (31,4 Prozent) der Glücklichen mit einem Einkommen ab 4.000 Euro besitzt Aktien oder Aktienfonds. Bei einem Haushaltseinkommen von 3.000 bis 4.000 Euro liegt die Quote bei 19,2 Prozent. Unterhalb dieser Einkommensgrenze nimmt die Aktionärsquote merklich ab – bei einem Einkommen von unter 2.000 Euro auf sechs Prozent.

Fakt ist, die Fraktion der Nicht-Interessierten an Aktien liegt bei erstaunlichen 82,4 Prozent. Die Leute lieben die „alten“ Anlagen auch in diesen modernen Nullzins-Zeiten. 2,3 Billionen Euro stecken in Versicherungen, 2,4 Billionen Euro auf den Konten oder unter der Matratze.

Börseninvestment: In guten und in schlechten Zeiten!

Sicherlich haben die Finanzberater in den letzten Monaten das eine oder andere ihrer Schäfchen an die Börse geschickt. Dort sind ja die Dividenden angeblich der neue Zins. Garantiert sind diese Dividenden nicht, denn in schlechten Zeiten werden diese Ausschüttungen auch mal gekürzt oder ganz gestrichen, wie man derzeit gut beobachten kann.

Dividenden sind ein nettes Zubrot in guten Zeiten. Die Aktien dafür kauft man eher dann, wenn sie niemand haben will. Oder man regelt das über Sparpläne, wo man mal mehr oder weniger Anteile für sein Geld bekommt, was man erübrigen bzw. sparen kann – in guten und in schlechten Zeiten.

Trotz aller Freude über mehr Aktionäre spielen Aktien im Vermögensaufbau oder in der Altersvorsorge eine eher untergeordnete Rolle, während die Rentenlücken wachsen wie Karies im Zahn.

Wenn der Geldberg sich erstmal in Bewegung setzt…

Im Gegensatz zum Geld wird den Aktien nachgesagt, sie wären eine Art von Sachwert. Das mag schon sein, aber mit Einschränkungen. Einige Papiere großer Unternehmen haben große Krisen überleben können – und auch Währungsreformen. Aber nur die Wenigsten. Sachwerte sind eine Sache der Definition. Am besten ist es doch, wenn man sie anfassen kann und direkten Zugriff darauf hat. Sie wissen schon...

Laut Bundesbank sitzen die Deutschen auf einem Geldvermögen von 6.052 Milliarden Euro. Davon stecken lächerliche 8,7 Prozent oder 529 Milliarden Euro in Aktien oder Aktienfonds. Der Rest versauert zinslos auf Sparbüchern und Konten oder versteckt sich in Versicherungen.

Das ist ein gigantischer Geldberg und damit viel Brennstoff – zum einen für die Inflation und damit Beute für eine negative reale Verzinsung. Und zum anderen für die Börsen, wenn dieser Geldberg in Bewegung kommt – aus welchen Gründen auch immer. Mal schauen, was davon übrig geblieben ist, wenn die Zinswende dann endlich kommt - vielleicht sogar im nächsten Jahrhundert.

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